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Tschechische Unternehmen erobern die Schweiz

Die Schweiz ist nicht nur für Uhren-, Käse- und Schokoladenliebhaber attraktiv, sondern auch für Investoren aus der ganzen Welt. Sie ist in gewissem Sinn ein Massstab, von dem viele träumen. Es geht auch nicht immer nur um die Motivation in Form von finanziellem Gewinn. Die für ein Produkt oder eine Dienstleistung gewonnenen Referenzen und ein gewisser Unternehmensstatus sind oft noch wertvoller. Eine Art Schweizer Qualitätssiegel. Eine Firmenadresse in der Schweiz zu haben und auf dem lokalen Markt tätig zu sein, macht sich ebenfalls gut. Allerdings ist die oberste Liga nicht für jeden etwas.

Gibt es heute Gemeinsamkeiten zwischen dem tschechischen und dem Schweizer Markt? Die Antwort lautet ja: Beide bieten ausländischen Investoren unter anderem ein sicheres und stabiles Umfeld im Herzen Europas. Das Angebot an qualifizierten Arbeitskräften, der hohe Lebensstandard und die stabile Wirtschaftslage spielen seit vielen Jahren eine wichtige Rolle bei der Entscheidung von Schweizer Unternehmen, sich auf dem tschechischen Markt niederzulassen. Die Schweiz schneidet bei diesen Parametern vielleicht weltweit am besten ab und sucht daher nach ähnlichen ausländischen Märkten.

Der größte Unterschied zwischen den beiden Ländern liegt in der Höhe der Anschaffungs- und Betriebskosten. Für ein tschechisches Unternehmen ist der Schweizer Markt viel teurer als der tschechische Markt für ein Schweizer Unternehmen. Trotzdem bauen unsere Unternehmen in der Schweiz eine immer stärkere Position und einen immer besseren Ruf auf und sind vor allem im letzten Jahrzehnt sehr erfolgreich gewesen. Sie verkörpern ein reifes, modernes und selbstbewusstes Tschechien und es ist uns daher ein Vergnügen, einige von ihnen zur Inspiration vorzustellen.

 

Tschechen kaufen Schweizer Unternehmen

Beginnen wir mit dem erfolgreichen Telekommunikationsunternehmen Suntel, das seit über einem Jahrzehnt in der Schweiz tätig ist und 2019 das etablierte lokale Unternehmen Enkom gekauft hat. Suntel bietet umfassende mobile und feste Telekommunikationsinfrastrukturdienste an. Es arbeitet mit lokalen Mobilfunkbetreibern zusammen und hat sich allmählich zu einem wichtigen und starken Akteur im Bereich der Telekommunikation entwickelt.

Im Jahr 2019 begann ein weiteres erfolgreiches tschechisches Unternehmen, Creative Dock, ein Schweizer Kapitel seiner Geschichte zu schreiben. Zwei Jahre nach seiner Ankunft in der Schweiz eröffnete das Unternehmen Niederlassungen in Zürich und Sion und kaufte Spark Works, ein Schweizer Unternehmen, das sich der Markteinführung neuer Produkte und Dienstleistungen widmet, für 70 Millionen Kronen.

Im Jahr 2020 übernahm der Krankenhausbettenhersteller LINET Group das traditionsreiche Schweizer Vertriebs- und Dienstleistungsunternehmen Bigla Care AG, dessen Geschichte bis ins Jahr 1904 zurückreicht. Wenn Sie in der Schweiz ein Spitalbett benötigen, wird es höchstwahrscheinlich das tschechische Linet sein.

Die Übernahme der Schweizer Firma Porzellan Langenthal AG durch die tschechische Firma G. Benedikt Karlovy Vary im Jahr 2002 ist zweifellos eine der größten Akquisitionen in der tschechischen Porzellanindustrie.  Kurioserweise wurde die tschechische Porzellanfabrik ursprünglich 1992 von der weltberühmten Schweizer Keramik Holding AG Laufen gekauft, die in Konkurs ging. In der Folge kaufte das tschechische Unternehmen Polyflex of G. Benedikt die Porzellan Langenthal AG, welche damit gerettet wurde.  

Das Familienunternehmen Siko koupelny a.s. erwarb im Jahr 2021 für 150 Millionen CZK die Firma Swiss Aqua Technologies, welche die Patente für hocheffiziente Toiletten besass. Siko koupelny a.s. ist damit zu einem der weltweit innovativsten Hersteller geworden, dessen Produkte mit dem aktuellen Trend der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes Schritt halten.

Nicht fehlen dürfen die tschechische Zbrojovka-Gruppe und die Czechoslovak Gruppe, die es in die engere Auswahl der Ausschreibung geschafft haben, in der sie sich zusammen mit italienischen und norwegischen Konkurrenten um das staatliche Schweizer Munitionsunternehmen RUAG Ammotec beworben haben. Auch wenn sie den Zuschlag nicht erhalten haben, zeugt ihre Teilnahme an der Ausschreibung von der Qualität der tschechischen Rüstungsproduktion und der Fähigkeit tschechischer Unternehmen, sich um Aufträge von strategischer Bedeutung zu bewerben. 

Tschechische Technologieunternehmen punkten in der Schweiz

Die tschechischen Technologieunternehmen gehören zur Weltspitze. Kein Wunder also, dass sie auch in der Schweiz erfolgreich sind.

Unicorn, eines der grössten tschechischen Softwareunternehmen, ist in der Schweiz im Energiebereich tätig und möchte in Zukunft auch in den hiesigen Elektromobilitätsmarkt eindringen. Unicorn plant auch eine Ausweitung seiner Aktivitäten in Liechtenstein.

Im Jahr 2022 stieg das fortschrittliche tschechische Unternehmen TrustSoft in den Schweizer Markt für Cloud-Services ein. Um näher an den lokalen Kunden und Partnern zu sein, eröffnete das Unternehmen sein Schweizer Büro in Zürich.

Auch das bekannte tschechische Unternehmen ABRA software ist seit fast 10 Jahren mit einer Niederlassung in Winterthur vertreten und bietet seine Softwarelösungen den hiesigen Unternehmen an. Über einen so langen Zeitraum hinweg konnte es wertvolle Erfahrungen mit den lokalen Gegebenheiten sammeln und hat sich etabliert.

Dank der tschechischen Firma MapTiler fahren die Schweizer Züge seit einigen Jahren nach tschechischen Karten. Und die Schweizerischen Bundesbahnen SBB loben die Zusammenarbeit mit MapTiler. Dank der Tatsache, dass das Unternehmen Klokan Technologies GmbH in der Schweiz gegründet wurde, gehörte es zu den zehn Start-ups, die die Schweiz 2019 als Technologievertreter ins Silicon Valley schickte.

Tschechische virtuelle und erweiterte Realität breitet sich unter den Alpen aus

2017 wurde das Lausanner Startup Creal gegründet, um virtuelle 3D- und Augmented-Reality-Brillen zu entwickeln und herzustellen. Die tschechischen Gründer haben ein Jahr nach der Gründung des Unternehmens ihr erstes Geld von Schweizer Investoren erhalten. Insgesamt haben sie rund 330 Millionen CZK von Investoren, Darlehen der Schweizer Regierung und EU-Unterstützung aus dem Programm Horizon Europe erhalten.

UpVisual, ein in Bern tätiges Unternehmen, hat rein tschechische Wurzeln.  Es bietet seine Dienstleistungen und umfassenden Lösungen im Bereich der virtuellen und erweiterten Realität an und konzentriert sich unter anderem auf die traditionelle Schweizer Uhrenindustrie.

Die Schweizer Adresse hat Renomme

Auch SOTIO, ein erfolgreiches Biotechnologieunternehmen, das auf dem Gebiet der Entwicklung von Krebsmedikamenten tätig ist, weiß, dass eine Schweizer Adresse gut aussieht.  Es hat seine Büros in der "Hauptstadt der Pharmazie" Basel eröffnet, direkt im Schweizer Innovationspark NOVARTIS CAMPUS.

Die zur KKCG-Gruppe gehörende Lotteriegesellschaft Allwyn Entertainment (ehemals Sazka Entertainment) wird noch 2022 ihren Firmensitz nach Luzern verlegen. Wenn Sie in den US-Aktienmarkt einsteigen wollen, klingt eine Schweizer Adresse in New York einfach besser!

 

Zdeněk Eliáš, Wirtschaftsspezialist, Martin Fischer, Assistent, Botschaft der Tschechischen Republik in Bern