dpa: "Klima-Propaganda als offizielle Weltdoktrin"
09.12.2007 / 18:15 | Aktualizováno:
Der tschechische Staatspräsident Václav Klaus spricht im Interview mit der Deutschen Presse Agentur über die aktuelle Klimadebatte und sein Buch zu diesem Thema "Blauer Planet in grünen Fesseln, Was ist bedroht Klima oder Freiheit?" Erschienen in DPA am 10.11. 2007.
Der tschechische Staatspräsident Václav Klaus spricht im Interview mit der Deutschen Presse Agentur über die aktuelle Klimadebatte und sein Buch zu diesem Thema "Blauer Planet in grünen Fesseln, Was ist bedroht Klima oder Freiheit?" Erschienen in DPA am 10.11. 2007.
Interview mit dem Staatspräsidenten der Tschechischen Republik Václav Klaus führte Wolfgang Jung. , erschienen in der Deutschen Presse Agentur am 10.11. 2007.
Herr Präsident, warum sollten die Deutschen Ihr Buch lesen?
Klaus: Ich denke nicht, dass es speziell die Deutschen lesen sollten. Jedoch erinnert mich die falsche und unfaire Propaganda selbst ernannter "Oberpriester des Klimas" an die kommunistische Ära. Auch damals versuchte jemand, den übrigen Menschen eine einzige offizielle Wahrheit aufzudrücken. In der Klima-Debatte sehe ich die menschliche Freiheit heute erneut in Gefahr. Da denke ich, meine Stimme erheben zu müssen. Im übrigen endet es nicht mit der deutschen Ausgabe, wir bereiten auch polnische, holländische, spanische und englische Versionen vor. Angeblich kursiert in Deutschland eine karikierende Version meines Buches, die eine negative Rolle spielen sollte. Auch deswegen freue ich mich besonders auf die deutsche Ausgabe.
Viele Deutsche wird wundern, dass das Oberhaupt eines Nachbarlandes ein solches Buch schreibt. Was würden Sie diesen Menschen antworten?
Klaus: Ich würde mich wahrscheinlich nicht darin einmischen, wenn ich viele Bücher zu diesem Thema sehen würde, die in ähnlichem Geist geschrieben sind. Die sehe ich aber nicht. Zudem halte ich diese Diskussion für so grundsätzlich, dass ich - Präsident oder nicht - dieses Thema als Gegenstand zum öffentlichen Diskurs wähle. Ich denke, auch dies ist eine Aufgabe für ein Staatsoberhaupt.
Was macht Sie in Ihrer Haltung so scheinbar unerschütterlich sicher?
Klaus: Wissen Sie, ich bin mir eben in einigen grundsätzlichen Dingen des gesellschaftlichen oder menschlichen Handelns sicher. Zum Beispiel bin ich überzeugt, dass nur der, der Unfreiheit erfahren hat, die Freiheit gut versteht. Die außerordentliche Erfahrung des Lebens in kommunistischer Zeit ermöglicht bestimmten Menschen, einige Dinge sehr überzeugt und souverän zu sagen. Wenn uns der Sozialismus eine Lehre erteilt hat, dann diese.
Und wer die Totalität nicht erlebt hat?
Klaus: Nun, auch der kann eine gewisse Sicherheit haben. Aber es geht darum, ob er wirklich dieses Problem gut versteht und fühlt. Und da habe ich aufgrund meiner Erfahrungen mit westlichen Politikern Zweifel, ob sie alle alle Aspekte dieses Problems wirklich verstehen. Viele von ihnen vereinfachen in beängstigender Weise.
Vielleicht sind Menschen, die seit Jahrzehnten in der "freien Welt" leben, Demokratie gewöhnt.
Klaus: Natürlich, sie mussten keinen inneren Kampf austragen. Für sie war die Erlangung der Demokratie kein Erlebnis, sondern eine fertige Sache, in der sie sich nie Fragen stellen mussten. In diesem Sinne sind unsere Erfahrungen einzigartig. Sicher, in Deutschland gab es das auch, aber das ist 60 Jahre her.
Ihr Buch ist mit großem internationalen Interesse bereits in Mai in Tschechisch erschienen. Gab es ein außergewöhnliches Ereignis seit diesen sechs Monaten, das Sie in Ihrer Haltung besonders bestärkt oder besonders zum Nachdenken gebracht hat?
Klaus: Beide Tendenzen sind da. Auf der einen Seite haben wir die weitere Dramatisierung der Situation, besonders durch die Verleihung des Nobelpreises an Al Gore. Damit ist ein Rubikon überschritten worden, und die Klima-Propaganda ist eine fast offizielle Weltdoktrin geworden - mit dem Stempel der Nobelpreisjury. Andererseits hat diese Verleihung viele Menschen dazu gebracht, etwas ungläubig den Kopf zu schütteln und sich Fragen zu stellen.
Stört Sie, dass es der Nobelpreis für Frieden war?
Klaus: Ach, dieser Preis ist doch sowieso ziemlich umstritten. Es ist eine von vielen Auszeichnungen, die so auf der Welt vergeben werden. Falls er Prestige besitzt, dann sicher weniger als Nobelpreise in Wissenschaftskategorien.
Was war Ihr erster Gedanke bei der Nachricht, dass Al Gore diesen Preis bekommt?
Klaus: Überhaupt keiner. Ich habe es zur Kenntnis genommen. Mir war klar, dass es zwei Auswirkungen haben wird. Erstens die offizielle Unterstützung dieser Position und zweitens eben das Anschwellen der Kritik. Das sehe ich doch täglich um mich herum.
Gibt es ein Argument derer, die Sie kritisieren, das Sie bereit wären anzuerkennen?
Klaus: Wie jeder andere akademisch überlegende Mensch würde ich natürlich neue Fakten über die reale Erwärmung oder Abkühlung der Erde in Betracht ziehen. Eine andere Sache ist die Interpretation dieser Fakten. Das heißt die Debatte darüber, ob die eventuelle Erwärmung eine einmalige Abweichung vom Trend ist oder Teil einer zyklischen Bewegung oder ein zufälliges Phänomen - in statistischem Sinne. Das ist die technische Seite des Problems. Die gesellschaftliche ist wichtiger und in diesem Sinne sehe ich nichts Überzeugendes, was meine lebenslange Haltung ändern würde. Ich glaube einfach nicht, dass irgendwelche weise Berufene besser als Millionen Menschen wissen, was wahr ist. Deshalb ist meine Meinung so unerschütterlich.
Ist Wirtschaftswachstum die Ursache oder die Lösung der Umweltprobleme?
Klaus: Für mich war und ist es die Lösung, ganz klar. Es gab in der Vergangenheit immer Menschen, die vor Wirtschaftswachstum gewarnt haben. Das war vor 500 und vor 200 Jahren so, diese Thesen findet man sehr einfach. Für Wirtschaftswissenschaftler gibt es ein Gesetz: Am Anfang bringt Wirtschaftswachstum zwar Probleme, aber mit der Zeit löst Wirtschaftswachstum diese Probleme auch wieder. Das zeigt die so genannte environmentalistische Kuznets-Kurve sehr gut.
In Ihrem Buch schreiben Sie, dass "die größte Bedrohung für Freiheit, Demokratie, Marktwirtschaft und Wohlstand inzwischen ein ehrgeiziger Umweltschutz" ist. Sie lehnen Umweltschutz demnach nicht völlig ab. Aber wo verläuft für Sie die Grenze?
Klaus: Mit seiner Umwelt rational umzugehen, ist ein Teil humanen Benehmens. Das tragen wohl alle Menschen in sich. Aber "Umweltschutz" ist schon eine andere Sache. Meine Debatte ist überhaupt nicht gegen einen vernünftigen Umweltschutz gerichtet, sondern gegen etwas, was man bereits als "Öko-Diktatur" bezeichnen kann. Das ist jene Haltung, die Ökofragen in das Zentrum menschlichen Denkens stellt und zu einem herrschenden Prinzip der Menschheit erhebt. Das sind meine Feinde. Über Umweltschutz im Kleinen kann man diskutieren, aber man sollte doch vor allem mit gutem Beispiel vorangehen. Nicht wie Herr Gore mit seinem Elektrizität verschlingenden Monstrum von Haus. Der Mann sollte lieber mit seinem eigenen Benehmen beginnen.
Wie spart der tschechische Präsident in der Prager Burg Energie?
Klaus: Sie würden sich wundern. Energiesparen ist wirklich mein Thema, das können Ihnen meine Mitarbeiter bestätigen. Wenn ich etwa durch einen Türschlitz Licht im Nebenraum sehe, frage ich immer: "Warum ist es hell, dort ist doch niemand?" Und ich bekomme zur Antwort: "Wir haben vergessen, es auszuschalten." Oder ich mahne: "Warum haben Sie so viele Kopien gemacht?" Das ist meine tägliche typische Debatte und kein Witz.
Wo sehen Sie den Beginn der Diskussion über einen Klimawandel?
Klaus: Diese Ideologie gab es im Grunde bereits im 19. Jahrhundert, besonders in grünen völkischen Bewegungen in Deutschland. Aber die Dramatisierung der Debatte begann wahrscheinlich Ende der 60er oder Anfang der 70er Jahre. In den USA und in Westeuropa schien der Sozialismus den Leuten, die hauptsächlich gegen Freiheit, freie Märkte und Demokratie waren, nicht mehr geeignet für einen "Aufstand der Massen". So rissen sie dieses Thema an sich. Das war die Geburt dieser Bewegung.
Sie haben in Ihrer Rede zum tschechischen Staatsfeiertag am 28. Oktober auch ein Plädoyer für die friedliche Nutzung der Kernkraft gehalten. Hat die rot-grüne Regierung in Deutschland mit dem Atomausstieg einen Fehler begangen?
Klaus: Bestimmt, bestimmt. Kernkraft ist viel besser als fast alle anderen Energien. Deshalb war das ein Fehler. Wir brauchen die Atomenergie, das ist doch klar. Der Glaube an andere Energieressourcen ist irrational. Diese neuen Windmühlen sind für mich wirklich tragisch. Das ist nicht die Lösung. Diese Vielzahl von Windturbinen in der Nähe von Berlin sind eine traurige Ansicht.
Präsident Klaus reitet als neuzeitlicher Don Quichotte gegen die Windmühlen von heute?
Klaus: Dieser Vergleich ist eine Ehre für mich. Wenn ich die Arroganz von Leuten wie Al Gore sehe, muss man etwas dagegen machen. Das ist mein Motto, das war immer so.
Interview: Wolfgang Jung, dpa